Prekär bis in den Tod

Die Rente mit 67 bedeutet nicht nur mehr Arbeit, sondern vor allem weniger Rente.

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Direkte Aktion 203 – Jan/Feb 2011

Ein ehrbarer Beruf?

Ein ehrbarer Beruf?

Editorial

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Der große Bruder schaut dich an

Putzen im Akkord

Euro-Krise: Austritte vorprogrammiert?

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Libertärer Austausch im Zeichen der Repression

Kolumne Durruti

Salzstock Asse

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Catwalk

Fast Food Union

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Willkommen in der Mitte!

„Alle Komparsen auf Anfang“

Sex Works

Das härteste Gewerbe der Welt

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Die sind doch krank!

Europäischer Gerichtshof: 48 Stunden und ein Haken

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Noch nicht K.O.

Auf die zehn

Berlin und das Ringen um die eigene Geschichte

Prekär bis in den Tod

Prekär bis in den Tod

Es geht um Definitionsmacht

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Meldungen aus der IAA

§§§-Dschungel

Nichts um viel Lärm

Struggle

Der rote Faden

Bandwurm im Portemonnaie

Ein Job wie jeder andere auch?

Zahlen, bitte!

Gentryfikacji

Ein roter Rettungsschirm

Nachkriegsprostitution – damit das Militär befriedigt wurde

Rubrik: Leiharbeit abschaffen!

Tellerwäscher wehrt sich

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FAU-Ticker

FAU-Ticker

Militärische Rohstoffsicherung

Ohne Hüllen, ohne Boss

Meldungen aus der FAU

Mangel oder Überfluss?

Mangel oder Überfluss?

Wie ein Pascha?

Wie ein Pascha?

Die Rente soll nach jahrzehntelangem Schuften ein sicherer Hafen sein, in dem man seinen Ruhestand genießen kann. Dieses Bild bekommt jedoch immer mehr Risse. „Wenn ich alt bin, gibt es eh keine Rente mehr“ ist zum geflügelten Wort geworden. Und wahrscheinlich sollten wir uns wirklich besser warm anziehen.

Ab 2012 soll die Lebensarbeitszeit schrittweise angehoben werden, so dass ab 2029 die Rente mit 67 Realität wäre. Grundlage dieser Änderung ist das 2007 von CDU und SPD verabschiedete „RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz“. Für die meisten bedeutet Rente mit 67 schlicht Rentenkürzung, da kaum jemand gegen Ende des Erwerbslebens in die Rentenkasse einzahlen kann. Die Chancen von älteren Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt sind miserabel: Im März 2010 hatten nur 8,3 % der 64jährigen Männer und 3,4 % der Frauen eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitstelle. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen verspricht mehr Arbeit für die Älteren. Aber wie lange hält man durch, wenn man einen körperlich anstrengenden Beruf hat, vom psychischen Stress an vielen Arbeitsplätzen ganz zu schweigen? Und als ob der „Idealfall“, 48 Jahre Lohnarbeit, nicht jetzt schon illusorisch wäre.

Dazu kommt die drohende Altersarmut. Umstrukturierungen auf dem Arbeitsmarkt brachten uns Minijobs und Leiharbeit, Teilzeit und Scheinselbständigkeit, Arbeitslose, für die dank Sparpaket nicht mehr in die Rentenkasse eingezahlt wird, und Freiberufler, die nichts zurücklegen können. Diese prekäre Arbeitswelt wird sich zeitversetzt in den Renten widerspiegeln.

Heutzutage spüren das schon Frauen und Menschen mit türkischer Staatsbürgerschaft, die ehemaligen „Gastarbeiter“ und ihre Nachkommen. Die „türkeistämmigen“ Männer erhalten nach einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) durchschnittlich 703, Frauen nur 356 Euro Rente. Gründe dafür sind niedrige Löhne, Frühverrentung und „unstetige Erwerbsbiografien“. Zusätzlich ist die private Altersvorsorge weniger verbreitet. Eine Ursache liegt in der Hoffnung auf einen kostengünstigeren Lebensabend in der Türkei, wobei nur jede/r Siebente dies auch in die Tat umsetzt. Für 37,7 % der Befragten ist der Hauptgrund schlicht „kein Geld“, was bei einer Armutsquote von 34 % nicht verwundert. Wer nichts hat, kann nichts zurücklegen.

Frauen bekamen 2008 fast exakt die Hälfte der Altersrente der Männer (528 statt 1057 Euro). Diese Schere scheint sich zwar perspektivisch zu schließen, bis Männer und Frauen aber gleiche Renten bekommen, werden noch einige Jahrzehnte ins Land gehen. Gründe hierfür sind Schwangerschaft, Kindererziehung, unbezahlte Hausarbeit. Und selbst wenn sie Lohnarbeit und Haushalt unter einen Hut bekommen, verdienen sie häufig weniger als Männer. Zu wenig für ein gleichberechtigtes Altwerden.

Diese Fortführung von Ungleichbehandlung und Ausbeutung ins Rentenalter wird in Zukunft viel mehr Menschen treffen und sollte nicht unbeantwortet bleiben. Es heißt also rechtzeitig kämpferisch vorsorgen.

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