Kolumne Durruti

Alltagsgeschichten aus dem real existierenden Kapitalismus

This entry is part 5 of 36 in the series Direkte Aktion 207 – Sept/Okt 2011

Direkte Aktion 207 – Sept/Okt 2011

„Komm auch Du zur Schwarzen Schar!“

Editorial

Editorial

DGB und ÖGB entdecken die CallCenter

DGB und ÖGB entdecken die CallCenter

Wir zahlen für ihre Krise

Dasselbe in Grün

Dasselbe in Grün

Kolumne Durruti

Meldungen aus der FAU

Meldungen aus der FAU

Catwalk

Tu etwas Gutes!

Betriebsschließung trotz Profit

Betriebsschließung trotz Profit

§§§-Dschungel

Ein Schulterschlüsschen

Geringes Interesse an Kriegsdienst

Geringes Interesse an Kriegsdienst

Rote Karte für Gelben Riesen

Rote Karte für Gelben Riesen

Bildung extrem

Sie wollen uns zu Maschinen machen!

Wut ist nicht alles – Empörung auch nicht…

Der Rubel rollt ins Haifischbecken

Meldungen aus der IAA

Tour de Revolte

Tour de Revolte

Ackern im Reaktorwasser

Struggle – Nachrichten von der Klassenfront

Struggle – Nachrichten von der Klassenfront

Masel Tov für Riot Dog!

Masel Tov für Riot Dog!

Was geht ab?

Was geht ab?

Gesichter der Revolte

Hausverbot im Jobcenter

Hausverbot im Jobcenter

Sektenführer in der Motorrad-Gang

Sektenführer in der Motorrad-Gang

Der große Bruder schaut dich an

Aufgelesene Bruchstücke eines Mosaiks

Unter Deutschen

Bloß jeglichen Anreiz vermeiden

Bloß jeglichen Anreiz vermeiden

FAU-Ticker

FAU-Ticker

Die Krise zwischen Krieg und Revolte

Den guten Schein nicht wahren

Konfliktsozialisierung

Konfliktsozialisierung

Finger weg vom Streikrecht!

Finger weg vom Streikrecht!

Markus Liske

Die Weltzeituhr auf dem Berliner Alexanderplatz ist nicht nur Treffpunkt für Blind Dates. Jeden Montag stehen hier auch die deutschen Empörer gegen soziale Ungerechtigkeit, Rating-Agenturen und Hedgefonds. Sie werfen keine Brandsätze, wie die Griechen, jagen die Regierung nicht zum Teufel, wie die Araber, und es sind auch keine 300.000, wie eben noch in Tel Aviv oder Madrid. An guten Tagen sind es ca. 30. Es braucht kein Twitter und kein Facebook, um diesen Massenprotest zu organisieren, und Angela Merkel wird weder Panzer noch Wasserwerfer anrollen lassen. Die braucht man hierzulande nur, wenn man Bahnhöfe bauen will. Wenn schwäb‘sche Bäumle fallen, empört er sich schon mal, der Deutsche, und wählt todesmutig die Grünen. Für echten sozialen Aufruhr aber muss man ein bisschen zurückschauen.22 Jahre, würden die Aktivisten an der Weltzeituhr sagen, beziehen sie sich doch auf die Montagsdemos, die seinerzeit einen ganzen Staat hinwegfegten.

Tatsächlich ist der letzte soziale Aufruhr aber erst 20 Jahre her. Am 17. September 1991 ging es in Hoyerswerda los, griff schnell auf weite Teile des Ostens über und erreichte am 16. August 1992 in Rostock die mediale Klimax. Es gab Brandsätze, wie in Griechenland, es gab Tote, wie in Ägypten, und hunderttausende Sympathisanten. Nur jagte man keine Regierung zum Teufel, sondern „Neger“ und „Fidschis“. Und das ist das Problem. Das deutsche „Empört euch!“ stammt von Thilo Sarrazin, und selbst wenn es mal nicht gegen Migranten geht, sucht die soziale Wut den Gegner immer unten, niemals oben. Hiesige Niedriglöhner wollen nicht mehr für sich, sondern weniger für die anderen. Das ist die Crux in diesem Land. Man kann nicht auf Aufruhr hoffen, man muss ihn fürchten.

Andererseits wird auch die schönste Empörung von Börsen und Rating-Agenturen viel effektiver beendet als Panzer das könnten. Ob EU und USA irgendwann merken, dass dabei feindliche Mächte wie Malware auf ihre Systeme zugreifen? I had a dream (nämlich letzte Nacht) und der ging so: US-Präsi Obama hat endlich die Faxen dicke, lässt Standard & Poors, Moody‘s und Fitch von der Nationalgarde stürmen und erklärt das kapitalistische Experiment für beendet. Griechenland, Portugal und Italien treten sofort aus der EU aus und den Vereinigten Staaten bei. China und Russland bezeichnen die USA als neues Reich der Finsternis, und während Merkel noch überlegt, ob Chinesisch oder Russisch neue erste Fremdsprache werden soll, wird sie von Assad als Faustpfand nach Damaskus entführt. Westerwelle putscht sich ins Kanzleramt. Bayern tritt aus der BRD aus und kehrt unter Theo I. zur Monarchie zurück. Selbst Islamisten haben keine Lust mehr auf Steinigungen oder Attentate, so spannend ist jetzt das TV-Programm. Kanzler Guido lässt Märchenkönig Theo noch fix von Leibarzt Rösler im Chiemsee ersäufen, bevor er selbst von den Navy Seals in die psychiatrische Abteilung von Guantanamo verlegt wird, wo Berlusconi und Sarkozy schon warten. Die chinesische Wirtschaft erstickt, mangels westlicher Nachfrage, am eigenen Plastikmüll. Die Russen kehren zum Wodka zurück. Assad gibt sich die goldene Wasserpfeife, sein Nachfolger senkt Merkels Lösegeld auf einen symbolischen Euro, ein Templiner Spargelbauer lässt sich das Schnäppchen nicht entgehen, und endlich ist jeder da, wo er hingehört… Hier endete der Traum. Wäre er weitergegangen, dann wohl mit der sozialen Revolution. Aber ohne deutsche Empörer. Die sollen sich lieber um ihre Bahnhöfe kümmern. Ist sicherer.

Direkte Aktion 207 – Sept/Okt 2011

Dasselbe in Grün Meldungen aus der FAU

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