Kolumne Durruti

Alltagsgeschichten aus dem real existierenden Kapitalismus

This entry is part 5 of 33 in the series Direkte Aktion 212 – Juli/August 2012

Direkte Aktion 212 – Juli/August 2012

„Bei euch sitzt man ja immer nur im Knast“

Du bist Deutschland, „… ich bin Residenzpflicht“

Editorial

Renovierung des CNT-Lokals in Paris

Renovierung des CNT-Lokals in Paris

„Die Widersprüche sind die Hoffnung“

Kolumne Durruti

Bleibet daheim und vermehret euch!

Bleibet daheim und vermehret euch!

§§§-Dschungel

Unter der blauen Limette

Struggle – Nachrichten von der Klassenfront

Stempel zum Streik

Brummis machen mobil

Süß wie Maschinenöl

Antimilitaristisches Camp in Husum

Sick? Organize!

Sick? Organize!

„Ein Franco mit Bart“

Freizeit als Rendite des Fortschritts

Tarifpoker der Sozialpartner

Nestlés mörderische Machenschaften

An jedem verdammten Freitag!

Social Dictatorships

50 Jahre für die Belegschaften

Ich-AG war gestern

Die Chemieschichter

Die Chemieschichter

Globalisierungskritik revisited?

Der große Bruder schaut dich an

FAU-Ticker

FAU-Ticker

Kidnapping im Arbeiterparadies

Kidnapping im Arbeiterparadies

Meldungen aus der IAA

Meldungen aus der IAA

Maloche nach Maß

Catwalk

Meldungen aus der FAU

Meldungen aus der FAU

Arbeiten wie ein Uhrwerk!

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Jedes Jahr derselbe Krampf: Wann nur eine oder zwei Stufen in der Tretmühle auslassen und Urlaub nehmen? Und vor allem: Was damit machen? Wie regeneriere ich meine Arbeitskraft am besten, damit ich sie danach wieder – mit Mehrwert für den „Käufer“ – unter Wert verkaufen kann. (Nebenbei: Warum zahle ich eigentlich Mehrwertsteuer?)

Erste Variante: Tourismus oder Reisen – ein Euphemismus für eine Abwandlung vom Tourismus. Mitmachen also bei der illusionären Flucht aus der prekären Wirklichkeit, bei der „Inszenierung von Freiheit als Massenbetrug“ (Hans Magnus Enzensberger, Theorie des Tourismus, 1958). Um dann auf einem überfüllten Flughafen festzusitzen und die Flüche anderer Lohnarbeiter über die Streikenden mit anhören zu müssen, die uns den Urlaub nicht gönnen und uns für ihren maßlosen Egoismus als „Geiseln“ nehmen. Um dann durch fremde Städte zu irren und überteuerten Mist zu fressen, serviert von unterbezahltem, abgehetztem Personal, und dessen Chef reich zu machen.

Zweite Variante: Nahtourismus. In überfüllten Bahnen an versiffte, überfüllte Brandenburger Badetümpel fahren. Die Züge sind immer verspätet, weil die Deutsche Bahn lieber in teure Stuttgarter Grundstücke hineinpulvert anstatt ihre MitarbeiterInnen gut zu bezahlen und durch Neueinstellungen zu entlasten. Und wenn diese dann streiken: siehe Flughafen. Und natürlich: Um in verranzten Imbissbuden überteuerten Mist zu fressen: siehe Ferntourismus.

Dritte Variante: Krawalltourismus. Also dorthin fahren, wo noch richtig gestreikt wird, also nach Spanien oder Griechenland – und mitmachen. Um dann aber von den Bank-Europa rettenden Robocops mit Tränengas besprüht zu werden. Und danach in überfüllten Arrestzellen zu sitzen und überteuerten Mist zu fressen – unfreiwillig bezahlt von den Streikenden.

Die letzte Variante gefällt mir da noch am besten – bis auf den Ausgang natürlich.

Ich glaube, ich bleibe hier. Die Stadt ist leer, die Vergnügungsstätten sind es auch. Ich gehe weiter in „meinem“ Kino arbeiten. Aber ganz, ganz gemächlich. Mit meinen KollegInnen trinke ich ein paar Dienstbiere, in Gedenken an den ehemaligen tschechischen Außenminister gleichen Namens – und an die Brauereiarbeiter, die 1903 den ersten tariflichen Urlaub erkämpft hatten. Dann setzen wir uns in den leeren Saal und sehen uns selbst die Filme an. Auch eine Flucht aus der Realität, zugegeben. Aber schlechter wird sie dadurch nicht. Nur: Was mache ich mit meinem Urlaub?

Direkte Aktion 212 – Juli/August 2012

„Die Widersprüche sind die Hoffnung“ Bleibet daheim und vermehret euch!

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