A Touch Of Sin

Ein poetisches und systemkritisch-düsteres Sozialdrama aus China

This entry is part 11 of 34 in the series Direkte Aktion 228 – März/April 2015

Direkte Aktion 228 – März/April 2015

Wer nach unten tritt

Editorial

Editorial

Kolumne Durruti

Kick it like Pauli

Catwalk

Catwalk

Nicht nur die Täter – das System entlarven!

Diebe in Anzügen tragen Filzstiefel

„Und ich dachte, er ist ein Landsmann … und doch betrügt er mich!“

Die Polizei, dein Freund und Helfer

Die Polizei, dein Freund und Helfer

Wenn die Maske der Politik fällt…

Italiens Krisengewinner

A Touch Of Sin

Wir sind nicht Prokon!

Linke Regierung? Die gesellschaftlichen Kämpfe gehen weiter!

„Rettet die Volkssolidarität!“

„Rettet die Volkssolidarität!“

Arbeiter und Arbeitslose in einer bürgerlichen Revolution

Statt Alkohol 2,99 Euro für Mineralwasser

Statt Alkohol 2,99 Euro für Mineralwasser

Lassen sich die Ketten sprengen?

struggle

§§§-Dschungel

§§§-Dschungel

Der große Bruder schaut dich an.

Zahlen, bitte!

Zahlen, bitte!

Das Land der unbegrenzten Ausbeutung

Zwischen Krieg und Maloche

Es war einmal ein Land…

Es war einmal ein Land…

3. Anarchistische Buchmesse Mannheim

3. Anarchistische Buchmesse Mannheim

Sudanesischer Frühling?

Dreck am Stecken

Dreck am Stecken

Nicht alles, was glänzt, ist Gold

Nicht alles, was glänzt, ist Gold

FAU-Ticker

FAU-Ticker

Kein Job ohne Ausbeutung gefunden…

Kein Job ohne Ausbeutung gefunden…

Je (ne) suis (pas) Charlie!

Je (ne) suis (pas) Charlie!

In düstren Zeiten

Die langsame Revolution

Eine einsame Bergstraße in der chinesischen Provinz. Eine Gruppe Jugendlicher hält einen Mopedfahrer an, um ihn auszurauben. Dieser holt einen Revolver heraus und erschießt sie. Es ist die völlige Ruhe und Beiläufigkeit dieser Szene, die berührt und den Ton vorgibt für Jia Zhang-Kes Sozialdrama „A Touch Of Sin“, in dem er vier Lebensgeschichten kunstvoll miteinander verknüpft und so einen ungeschminkten Einblick in das heutige China gewährt.

Die VerliererInnen von Chinas Wandel

Weiter die Bergstraße entlang liegt ein Dorf. Hier lebt der Minenarbeiter Dahai, der seiner Unzufriedenheit laut Luft macht. Der Bürgermeister hat das Kollektivvermögen verscherbelt, aus den Versprechungen des Minenbesitzers wurde nichts, und während dieser im Luxus schwelgt, ist die Situation der Arbeiter erbärmlich. In einer visuellen Allegorie sehen wir ein Pferd, das von seinem Besitzer, einem Bauern, grausam geschunden, misshandelt und auf die Knie gezwungen wird. Vergeblich versucht Dahai, Beschwerden nach Peking zu schicken. Er schreit, klagt die Neumillionäre an und wird von deren Handlangern mit einer Schaufel halb totgeschlagen. Dahai greift zum Gewehr und begibt sich auf seinen – in hypnotischer Ruhe gefilmten – blutigen Pfad der Rache. Als letzten Akt erschießt er den Bauern, der das Pferd misshandelte. Dahai lächelt, während das Pferd frei dahingaloppiert.

Als nächstes wird die Geschichte des Mopedfahrers vom Anfang wieder aufgegriffen, der sich als frustrierter Wanderarbeiter Zhou San herausstellt. Kurzzeitig kehrt er zu seiner Familie ins Bergdorf zurück; was er tut, um an Geld zu kommen, verrät er nicht. Bedrückende Enge und Hoffnungslosigkeit wird in ruhigen Einstellungen verdeutlicht und damit fast schon körperlich spürbar. Hier will niemand leben. So will niemand leben. Zhou San macht sich wieder auf, um zu arbeiten: Maskiert und völlig ungerührt erschießt er in der Glitzerwelt des Konsums ein reiches Pärchen.Xiao Yu, die Protagonistin der dritten Geschichte, hat ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann, spürt aber seine Zurückhaltung. Als sie sich als Rezeptionistin in einem Sauna-Club ein neues Leben aufbauen will, wird sie von einem reichen Gast gedemütigt und sexuell belästigt. Auch sie setzt sich blutig zur Wehr, und auch hier gibt es einen bizarr anmutenden Moment der Freiheit, in dem die bittere Realität ausgeklammert wird, als Xiao Yu vor Schlägern ins Zelt einer Wahrsagerin und Schlangenbeschwörerin flüchtet. Die hässliche, blutige Realität bleibt draußen.Die letzte Geschichte handelt von dem jungen Arbeiter Xiao Hui, dessen Chef ihm die Folgen eines Arbeitsunfalls eines seiner Kollegen aufbürden will. Xiao Hui nimmt daraufhin einen anderen Job an, in einer anderen Stadt, in einem Themenbordell für reiche Kunden aus aller Welt. Die poetische, fast schon surreale Szene, in der Xiao Hui und die Prostituierte, in die er sich verliebt hat, einer Handvoll Goldfische in einem Fluss die Freiheit wiedergeben, steht in krassem Gegensatz zur vom Film gezeichneten Realität der Figuren. Als Xiao erkennt, dass es keine Hoffnung auf eine Besserung seiner Lebensumstände gibt, reagiert auch er drastisch und blutig.Der Kreis schließt sich, als Xiao Yu, die ehemalige Sauna-Rezeptionistin, in Dahais Dorf einen neuen Job annimmt. Sie ist davongekommen, und mehr noch: Sie hat ihre Würde wiedererlangt.Nicht von ungefähr ist der Titel eine Hommage an King Hus Martial-Arts-Klassiker „A Touch Of Zen“. Auch bei Zia Zhang-Ke ist der Kampf des Individuums gegen Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Korruption ein zentrales Thema, das mit brutaler Gewalt gelöst wird, „A Touch Of Sin“ somit eine moderne Variante des Wuxia-Films. Andererseits ist der Film aber auch eine langsam erzählte poetische Studie über hemmungslose Gier, menschliche Verkommenheit, Korruption und schmutzige Gewalt, traurig und zugleich schön erzählt und ohne falsche Betroffenheit oder aufgesetzte Empörung in hypnotischer Ruhe inszeniert.Der Film ist in China verboten. Was nicht weiter verwundert, wie jede*r, der oder die ihn gesehen hat, hinzufügen würde.

a-touch-of-sin-poster-1.jpgA Touch Of Sin China, Japan2013

Originaltitel: Tian Zhu Ding

Regie: Jia Zhang-Ke

DVD: Rapid Eye Movies/Alive

Direkte Aktion 228 – März/April 2015

Italiens Krisengewinner Wir sind nicht Prokon!

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