Für eine Hand voll Dollar?

Im Berliner Kino Babylon Mitte kämpft die Belegschaft um bessere Arbeitsbedingungen

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Direkte Aktion 192 – März/April 2009

Sozialistin und Feministin

Editorial

Editorial

Leiharbeit – eine unendlich traurige Geschichte

Leiharbeit – eine unendlich traurige Geschichte

Von der unendlichen Tragödie der Menschlichkeit

Luis Andrés Edo ist gestorben

Kurzarbeitergeld

Kurzarbeitergeld

Kolumne Durruti

Kolumne Durruti

Sie Heucheln und Meucheln

Catwalk

Proteste gegen die „Sicherheitskonferenz”

Proteste gegen die „Sicherheitskonferenz”

Bei Kurzarbeit zu kurz gedacht

Bei Kurzarbeit zu kurz gedacht

Eine Herde schwarzer Schafe

Eine Herde schwarzer Schafe

Es ist an uns, mit ihnen solidarisch zu sein

Es ist an uns, mit ihnen solidarisch zu sein

Kurzarbeit – was euch betrifft

Kurzarbeit – was euch betrifft

Nazi-Style und Nazi-Läden – und der Widerstand dagegen

Nazi-Style und Nazi-Läden – und der Widerstand dagegen

No Nato!

Ein Akt der Freiheit

Das Experiment

Hommage an das spanische Exil

Bildung ein Menschenrecht? Freie Bildung ein Verbrechen?

Für eine Hand voll Dollar?

Für eine Hand voll Dollar?

„Der Kapitalismus ist wie die Borg, kann alles assimilieren“

Zurück in die Zukunft

FAU-Ticker

FAU-Ticker

Ein Tanz auf dem Drahtseil

Ein Tanz auf dem Drahtseil

Auf verlorenem Posten

„Es hat sich alles zugunsten der Aufständischen verändert“

Kino bedeutet Glanz, Kino bedeutet Glamour, Kino bedeutet Traumfabrik und roter Teppich. Insbesondere während der Berlinale gibt sich die Hauptstadt ganz diesem Flair hin. Zwischen Premieren und Berlinale-Parties schwirren Stars und Sternchen hin und her. Die Stadt gibt sich mondän.

Großes
Kino boten dieses Jahr auch einige derjenigen, die sonst nur hinter
den Kulissen zu finden sind. Filmvorführer, Kartenabreisser,
Servicekräfte und Unterstützer zogen Mitte Februar vor das Kino
Babylon, um ihrem Unmut über die Arbeitsbedingungen in dem
Traditionshaus am Rosa-Luxemburg-Platz lautstark Gehör zu
verschaffen. Aufgerufen hatte die vor kurzem gegründete
FAU-Betriebsgruppe.

Bereits
seit einigen Monaten gärte es im Filmtheater, das mit mehreren
hunderttausend Euro pro Jahr vom rot-roten Senat gefördert wird (439
900 Euro laut letztem veröffentlichen Jahresabschluss 2006). „Miserable
Löhne, unbegründete Kündigungen und eine Atmosphäre, in der
keiner, der seinen Job behalten will, es wagt um Urlaub zu bitten,
prägen das Arbeitsklima“, heißt es in einer Pressemitteilung des
Betriebsrates.

Erstes
Aufbegehren gab es im Sommer letzten Jahres, als eine Servicekraft
vor Gericht einen Vergleich nach einer unbegründeten Kündigung
erreichte (siehe DA #189). Der Versuch, durch die Gründung eines
Betriebsrates Ende November das Klima im Betrieb zu verbessern, stieß
bei der Geschäftsleitung auf wenig Gegenliebe: dem Vorsitzenden
wurde die Erstellung der Schichtpläne entzogen und ein weiteres
Mitglied vom Service zum Sortieren von Plakaten in den Keller
abkommandiert. Einem Dritten wurde der Vertrag nicht verlängert.
Alles normale Vorgänge, wie es in einer von der Geschäftsleitung
herausgegebenen Gegendarstellung heißt. Wer allerdings
gewerkschaftlich aktiv ist, mag sich darüber sein eigenes Bild
machen können.

Doch
ist es nicht nur der Betriebsrat, der unter den Bedingungen im
Babylon zu leiden hat. Die Mehrheit der Beschäftigten erhält
entgegen der Nachweispflicht des Arbeitgebers keine schriftlichen
Verträge. Einstellungen erfolgen in der Regel auf prekärer Basis:
befristet und/oder Minijobs. Auch der Stundenlohn von 8 Euro/Stunde
für Vorführer und 5,50 – 6 Euro für Kartenabreisser und Kasse
erscheinen eher mager. „Branchenüblich“ heißt es dazu von der
Geschäftsleitung, die ihr Kino gerne als „Non-Profit“-Unternehmen
darstellt und zu Buche gibt, „gesetzliche und menschliche
Mindeststandards“ einzuhalten.

Branchenüblichkeit
hin oder her: „non-profit“ arbeiten bei dieser Ausgangslage wohl
eher die Beschäftigten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass selbst die
immer noch mageren Tarife der Kinobranche weit darüber liegen. Auch
stellt sich die Frage, was „gesetzliche“ und vor allem die
weitaus relativer zu sehenden „menschlichen Mindeststandards“ mit
einem Arbeitskampf als solchem zu tun haben sollen. Von Luft und
Liebe kann sich niemand ernähren, selbst wenn es sich dabei um die
Liebe zum Kino handelt.

Die
Betriebsgruppe der FAU konterte daraufhin mit ihren eigenen
Mindeststandards und forderte für die Zeit der Berlinale in einem
ersten Schritt wegen Mehrbelastung einen Stundenlohn von 16
Euro/Stunde für Vorführer und 12 Euro/Stunde für Service und
Kasse. Diese Forderungen blieben ohne Reaktion. Stattdessen
antwortete die Geschäftsführung des Babylon kurz vor der Kundgebung
auf eine Pressemitteilung der Betriebsgruppe mit der Aufforderung,
eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Bestimmte Äußerungen
zu den Arbeitsbedingungen im Kino sollten somit nicht getätigt
werden. Ärgerlich für die Chefs Timothy Grossman und Tobias Hackel,
dass die FAU Berlin sich davon nicht einschüchtern ließ und die
Kundgebung wie geplant stattfand.

Unbelehrbar
versuchen sie nun einem FAU-Mitglied zu kündigen und sich anderer
unliebsamer Beschäftigter zu entledigen. Der Versuch, sich eine
handzahme Belegschaft zu basteln, wird ihnen allerdings ebenso wenig
gelingen, wie den Konflikt um bessere Arbeitsbedingungen auszusitzen.
Die FAU Berlin und die Betriebsgruppe werden in nächster Zeit den
Druck erhöhen und zu härteren Arbeitskampfmitteln greifen. „die
eigentliche Auseinandersetzung um die Arbeitsbedingungen im Babylon
beginnt für uns erst jetzt“, heißt es in einer Pressemitteilung
der FAU Berlin.

Aktuelle
Infos zum Konflikt: www.prekba.blogsport.de

Direkte Aktion 192 – März/April 2009

Bildung ein Menschenrecht? Freie Bildung ein Verbrechen? „Der Kapitalismus ist wie die Borg, kann alles assimilieren“

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