Der Kampf für indigene Autonomie in Neuseeland

Oder: Wer ist hier der Terrorist?

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Direkte Aktion 187 – Mai/Juni 2008

Hau ab, Mensch

Hau ab, Mensch

Ach, wie gütig!

Ach, wie gütig!

Editorial

Editorial

Umkämpfte Räume in Kopenhagen

Umkämpfte Räume in Kopenhagen

Melbourne 1990: Direkte Aktion im Nahverkehr

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Der große Bruder schaut dich an

Der große Bruder schaut dich an

Burning Heart statt Burn-Out

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Keine Arbeit ohne Lohn!

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Beben und Nachbeben

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Mit Generalstreik gegen Rentenreform

Mit Generalstreik gegen Rentenreform

Kolumne Durruti

Kolumne Durruti

Catwalk

Catwalk

Stroh zu Gold

Stroh zu Gold

Die Simulation von Streik

Die Simulation von Streik

Christliche Wohlfahrtskonzerne unter Druck

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§§§-Dschungel

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Corona nur ohne unabhängige Gewerkschaft

Corona nur ohne unabhängige Gewerkschaft

Klassenkampf in Mexiko

Klassenkampf in Mexiko

Anarcho-Poetry

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Eine rätekommunistische Odyssee

Eine rätekommunistische Odyssee

Trouble an der globalen Werkbank

Trouble an der globalen Werkbank

Arbeite umsonst und sei dankbar!

Arbeite umsonst und sei dankbar!

Ver.dis Scherbengericht

Ver.dis Scherbengericht

Revolutionäre Bildsatire um 1900

Revolutionäre Bildsatire um 1900

Ja, wer schützt die Polizei?

Ja, wer schützt die Polizei?

Die marginale Gewerkschaft

Die marginale Gewerkschaft

Libertäre Presse

Libertäre Presse

FAU-Ticker

FAU-Ticker

DA-Musikecke

DA-Musikecke

Der Kampf für indigene Autonomie in Neuseeland

Der Kampf für indigene Autonomie in Neuseeland

Freeter Zenpan Roso – Prekäre in Japan

Freeter Zenpan Roso – Prekäre in Japan

„Mit erhobenen Händen rauskommen!“ Unsanft erwachte ich am 15. Oktober 2007. Ich übernachtete in einem Zelt im Grüngürtel Wellingtons, der neuseeländischen Hauptstadt Rasch zog ich T-Shirt und Hose an und lief direkt in den geladenen Gewehrlauf einer ‚Bushmaster XM15‘. Ein von oben bis unten schwarz gekleideter Polizist mit Helm auf dem Kopf und Balaklava über dem Gesicht stand vor mir. „Hände hoch! Auf den Boden legen!“ Von zehn schwer bewaffneten Polizisten umzingelt, wurde ich verhaftet und auf die Polizeiwache mitgenommen.

Nach einer 18-monatigen Operation mit dem Codename ‘Operation Eight’ in der dutzende indigener AktivistInnen und AnarchistInnen überwacht wurden, durchsuchten 300 Polizisten 40 Häuser in mehreren Städten Neuseelands und verhafteten 17 Menschen. Die Polizei behauptet, dass ‘terroristische Trainingslager’ im Urewera- Wald, im Gebiet des Tuhoe- Stammes, stattgefunden hatten. Von Napalm, IRA- Trainingsbüchern und geplanten Anschlägen auf George Bush war die Rede. Unter den Verhafteten befanden sich Mitglieder mehrerer Maori- Stämme und auch Europäer wie mich. Neben zwei anarchistischen sozialen Zentren – das Hausprojekt ‚A Space Inside‘ in Auckland und das radikale soziale Zentrum ‚128 Abel Smith Street‘ in Wellington – die durchsucht wurden, war es vor allem die von der Polizei vollständig abgeriegelte Tuhoe- Gemeinde Ruatoki, die der staatliche Repressionsapparat am betroffen war.

Das Anti-Terrorismus-Gesetz trat 2002 in Kraft. Gleichzeitig erhielt die Polizei eine Anti-Terror-Einheit und das Budget des neuseeländischen Geheimdienstes wuchs in fünf Jahren um über 300%. Valerie Morse, eine der verhafteten Anarchistinnen, schrieb schon vor den Razzien: “Mit größeren Budgets für Polizei und Geheimdienste kamen neue Werk- und Spielzeuge für die Überwachung der Bevölkerung … Betroffen sind mehrheitlich die am Rande der Gesellschaft stehenden – Flüchtlinge, MigrantInnen, das Prekariat, AnarchistInnen, politische AktivistInnen, Maori und Moslems.”

Nie unser Recht aufgegeben

Auch die regierende ‘Labour Party’ hat in den letzten neun Jahren die indigene Bevölkerung weiter bestohlen. So wurde 2004 das Land zwischen Hoch- und Niedrigwasserpegel trotz großer Proteste konfisziert und kann nun privatisiert werden. „Der Begriff ‚Tuhoe- Nation‘ beschreibt die Kultur, Sprache und Identität von Leuten, die durch überlieferte Traditionen immer noch eine lebendige Erinnerung an die vor-europäische Zeit haben und sich daran erinnern, dass freie Menschen nicht freiwillig Sklaven werden,“ sagt Tamati Kruger, ein Sprecher der Tuhoe. Der Vertrag von Waitangi, der 1840 zwischen der englischen Krone und etwa 500 Maori- Häuptlingen unterzeichnet wurde (allerdings nicht von den Tuhoe), steht im Zentrum der Debatte um indigene Souveränität. Emily Bailey vom Te Atiawa- Stamm – auch sie wurde am 15. Oktober verhaftet – schlägt vor, dem Vertrag die kalte Schulter zu zeigen. „Für viele Maori hat es nie irgendein Übereinkommen gegeben, … unser Recht aufzugeben, gegen diejenigen zu rebellieren, die uns vergewaltigt, ermordet und bestohlen haben.“ Tame Iti, ein landesweit bekannter Tuhoe- Aktivist der ebenfalls verhaftet wurde, erklärt: „Für mich ist das allerwichtigste, über die Begriffe Mana Motuhake und Tino Rangatiratanga zu sprechen. […] Bei Mana Motuhake geht es um Freiheit. Um die Freiheit, ein Tuhoe zu sein, ein Nga Puhi zu sein, ein Waikato zu sein. Für mich geht es darum. Und um die Freiheit ein Pakeha (Europäer) zu sein.“

Anarchie und Solidarität

Acht der Verhafteten identifizieren sich im weiteren Sinne als AnarchistInnen. Die anarchistische Bewegung Neuseelands hat ihre Wurzeln in den ArbeiterInnenkämpfen des frühen 20. Jahrhunderts. Die ‚Industrial Workers of the World‘ war eine kleine, aber einflussreiche Organisation während des Generalstreiks 1913, bei dem die Polizei die Streikenden mit Maschinengewehren angriff.

AnarchistInnen heute engagieren sich in verschiedenen Kämpfen: im Umweltschutz, bei gewerkschaftlicher Arbeit (wie z.B. beim weltweit ersten Streik bei Starbucks), in Anti- Kriegs- Aktivitäten, sozialen Zentren und Infoläden, Tierrechtskollektiven, in feministischen Aktionen und im indigenen Widerstand. Während unserer Zeit im Knast entwikkelte sich draußen eine Solidaritätsbewegung über die Landesgrenzen hinweg. So fand am 19. Oktober 2007 eine Solidaritätskundgebung vor der neuseeländischen Botschaft in Berlin statt. Tausende Menschen beteiligten sich in an Demonstrationen in dutzenden Städten Neuseelands. Nachdem am 8. November, nach fast vier Wochen Haft, klar war, dass eine Anklage unter dem Anti-Terror-Gesetz wegen ‚mangelnder Beweislage‘ nicht zustande kommen würde, wurden wir aus der Untersuchungshaft entlassen. Die Anklage wegen Verstößen gegen das Waffengesetz bleibt allerdings bestehen. Im September findet dann die Vorverhandlung in Auckland statt. In den nächsten Monaten wird die Solidaritätsarbeit im Vordergrund stehen. Gleichzeitig geht der Kampf für indigene Autonomie weiter.

October 15th Solidarty Tuhoe an einer Demonstration in Auckland am 1. Dezember 2007

Für mehr Informationen und Kontakt: www.October15thSolidarity.info

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