„Alle Komparsen auf Anfang“

Arbeitsbedingungen von KleindarstellerInnen und Komparsen in der Filmindustrie | Teil I

This entry is part 11 of 40 in the series Direkte Aktion 203 – Jan/Feb 2011

Direkte Aktion 203 – Jan/Feb 2011

Ein ehrbarer Beruf?

Ein ehrbarer Beruf?

Editorial

Editorial

Der große Bruder schaut dich an

Putzen im Akkord

Euro-Krise: Austritte vorprogrammiert?

Euro-Krise: Austritte vorprogrammiert?

Libertärer Austausch im Zeichen der Repression

Kolumne Durruti

Salzstock Asse

Salzstock Asse

Catwalk

Fast Food Union

Fast Food Union

Willkommen in der Mitte!

„Alle Komparsen auf Anfang“

Sex Works

Das härteste Gewerbe der Welt

Das härteste Gewerbe der Welt

Die sind doch krank!

Europäischer Gerichtshof: 48 Stunden und ein Haken

Europäischer Gerichtshof: 48 Stunden und ein Haken

Noch nicht K.O.

Auf die zehn

Berlin und das Ringen um die eigene Geschichte

Prekär bis in den Tod

Prekär bis in den Tod

Es geht um Definitionsmacht

Es geht um Definitionsmacht

Meldungen aus der IAA

§§§-Dschungel

Nichts um viel Lärm

Struggle

Der rote Faden

Bandwurm im Portemonnaie

Ein Job wie jeder andere auch?

Zahlen, bitte!

Gentryfikacji

Ein roter Rettungsschirm

Nachkriegsprostitution – damit das Militär befriedigt wurde

Rubrik: Leiharbeit abschaffen!

Tellerwäscher wehrt sich

Tellerwäscher wehrt sich

FAU-Ticker

FAU-Ticker

Militärische Rohstoffsicherung

Ohne Hüllen, ohne Boss

Meldungen aus der FAU

Mangel oder Überfluss?

Mangel oder Überfluss?

Wie ein Pascha?

Wie ein Pascha?

Komparsen kurz vor dem EinsatzDie Arbeit als KleindarstellerIn oder Komparse kann ein netter Nebenverdienst sein. Zehntausende sind in Agenturen eingeschrieben, welche sie dann an Produktionen weitervermitteln. Viele hoffen illusorisch auf ihren Durchbruch, andere wollen sich zu Hartz IV das erlaubte bisschen hinzuverdienen oder die Rente aufstocken. Wieder andere machen dies neben dem Studium lieber als zu kellnern. Doch alledem ist gleich: Man ist prekärer Tagelöhner, und sollte nicht allzu wählerisch sein. Der Filmbereich ist, wie die Kulturbranche insgesamt, von prekären Arbeitsbedingungen durchzogen. Gerade im darstellerischen Bereich sind die Bedingungen, zu denen man arbeitet, meist nebulös und intransparent geregelt. Die Tätigkeit als solche ist selten als regulär zu bezeichnen.

Während die Bedingungen für KleindarstellerInnen erwartungsgemäß weder rosig sind noch besser werden, beklagen mittlerweile sogar SchauspielerInnen vermehrt die schlechter werdenden Konditionen. So klagt der Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) über aufkommende „Dumpinglöhne“ und immer niedrigere Gagen – und hat deswegen eigens eine Kampagne initiiert. Die Gagen der SchauspielerInnen liegen zwar noch bei stolzen 300 bis 350 Euro am Tag, jedoch seien Vorbereitung und Nachbereitung, Pressearbeit und Ähnliches unbezahlte Tätigkeiten und die Abzüge noch nicht inbegriffen. Ebenso haben SchauspielerInnen generell nur temporäre Arbeitsverhältnisse und keine Einkommensgarantien in Form permanenter Filmarbeit. Während SchauspielerInnen also mit dem Risiko ihres Berufes leben müssen und dabei ausgesprochen gut oder ausgesprochen schlecht wegkommen, so bleibt Komparserie ein Berufsfeld, das zur Nebentätigkeit prädestiniert ist.

Das Profil

Filme und Serien werden am laufenden Band produziert. Hinter dem oftmals so hellen Schein eines Filmdrehs verbirgt sich knallhartes Workflair, bei dem v.a. die Akteure hinter der Kamera und die Komparsen industriell zu funktionieren haben. Vielen sollte schnell klar werden, was sie sind am Drehort – ein Rädchen im Produktionsprozess. Komparsen sind per Definition „Film- und Fernsehschaffende, deren darstellerische Mitwirkung die filmische Handlung nicht wesentlich trägt und die ihr kein eigenpersönliches Gepräge gibt“. Vermittelt über Agenturen, aber unverbindlich in der Auftragsannahme, bewegen sich KleindarstellerInnen und Komparsen zwischen Tagelöhnertum und Selbstständigkeit. Die Stimmung am Set bewegt sich auf einer dünnen Linie zwischen Familienbande und Kastensystem. Auch der Umgang mit Komparsen variiert unter den jeweiligen Bedingungen der Produktion und kann vom respektvollen Umgang bis zum Rumkommandieren reichen. Auf welcher Stufe man in der Hierarchie am Set steht, daran aber wird stets kein Zweifel gelassen.

Gerade bei Serienproduktionen ist die Segregation der Hierarchien besonders spürbar. Komparsen stehen nur mickrige Ruheräume zur Verfügung, sie haben oftmals keine Verpflegung außer Getränken und kennen ständige Wartezeiten, in denen man auf Abruf bereit sein muss, ohne besonders integriert zu sein. Für die Filmteams bedeutet das permanente Fluktuation, für die Komparsen permanente Flexibilität, und zwar nicht im Sinne der Darstellung, sondern der zeitlichen Einsetzbarkeit. Hinzu kommen Anonymität und Vereinzelung aufgrund der ständig neu zusammen gewürfelten Komparsen-„Belegschaft“.

Nun ist dieser Ablauf der meist unumgängliche Alltag eines Filmdrehs. Die Komparsen kriegen oft nur das klarer zu spüren, was auf allen lastet: Stress, Zeitdruck und zu geringe Budgets. Doch entscheidend ist die Eigen- und Fremdwahrnehmung der Komparsen und KleindarstellerInnen. Denn trotz allem sind sie ein ebenso unverzichtbarer Bestandteil des Produkts „Film“ und sollten ihre Rolle als MedienarbeiterInnen realisieren. Gerade deren häufig naive und verklärende Herangehensweise und damit die geringe Reflexion des Berufsstandes machen das immer weitergehende Drücken von Gagen und Zuschlägen – aber auch deren Intransparenz – erst möglich.

 

Mit der Erosion der Gagen, der problematische Stellung von Komparsen im Arbeitsablauf, der Verteilungsfrage und Handlungsoptionen beschäftigt sich der nächste Teil in der kommenden DA.

Direkte Aktion 203 – Jan/Feb 2011

Willkommen in der Mitte! Sex Works

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