Gender Sells!

Gendergerechtigkeit als neuer Konjunkturmotor

This entry is part 21 of 36 in the series Direkte Aktion 213 – Sept/Okt 2012

Direkte Aktion 213 – Sept/Okt 2012

Patriarchales Erbe

Patriarchales Erbe

Die Abschaffung von Multikulti

Handfeste Auseinandersetzung!

Editorial

Editorial

Spiegelbild der spanischen Gesellschaft

Klima-Camp

Kolumne Durruti

Miethaie zu Fischstäbchen

Miethaie zu Fischstäbchen

Weggebaggert statt ausgegraben

Freie Menschen, freier Rausch?

Freie Menschen, freier Rausch?

Die Schattenseiten der Quote

Die Schattenseiten der Quote

Plakate und mehr

Bestandsprüfung

Bestandsprüfung

Ein Blick nach vorne und zurück

Ausgestöpselt?

Der große Bruder schaut dich an

2+2=3 Atze Wellblech und Berlinska Dróha im Duett

2+2=3 Atze Wellblech und Berlinska Dróha im Duett

Kulturredaktion: In eigener Sache

Soziale Verrohung droht

Soziale Verrohung droht

Struggle – Nachrichten von der Klassenfront

Das Arbeitsleben ist mehr als der Job

Gender Sells!

Equal pay across the board

Meldungen aus der FAU

Meldungen aus der FAU

Occupy Nigeria

Spanisch einkaufen

„Hier stehst du schweigend, doch wenn du Dich wendest, schweige nicht!“

Weiter in der Krisenklemme

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Die Basis als Fremdkörper

Die Basis als Fremdkörper

Mehr als binär

FAU-Ticker

FAU-Ticker

„Es geht nicht darum, dass man nett zu uns ist“

„Es geht nicht darum, dass man nett zu uns ist“

Meldungen aus der IAA

§§§-Dschungel

Kündigung und Amen?

Kündigung und Amen?

Catwalk

DA Seite 1 GirlDie gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen am Erwerbsleben wird von der Europäischen Kommission als wirtschaftliche und demokratische Notwendigkeit bezeichnet. Von Feministinnen wurde sie jahrelang als Lackmustest der Emanzipation betrachtet.

„Gender Mainstreaming“ fügt sich heute flexibel und nützlich in den Arbeitsalltag ein. Besonders die Wirtschaft erkennt „Gender“ zunehmend als betriebliches Instrument. Die aktuellen Mainstreamingstrategien sind daher auch keine subtile Form des Feminismus. Im Gegenteil geht es Fürsprecherinnen der Quote wie Ursula von der Leyen (CDU) nicht um die Abschaffung von Herrschaftsverhältnissen, sondern um deren Erhaltung.

Während Feminismus stets als widerständige Praxis wahrgenommen wurde, als radikal, bedrohlich und als grundsätzlicher Angriff auf die bestehenden Verhältnisse, handelt es sich bei den politischen Mainstreamingprozessen eher um einen neoliberalen Katalysator.

In historischen Umbruchphasen erneuert sich der Kapitalismus immer wieder selbst, indem er Elemente antikapitalistischer Kritik adaptiert. Ebenso wie der neoliberale Kapitalismus weibliche Führungskräfte braucht, braucht er auch Walmart oder die Maquiladoras, denn er basiert auf weiblicher Lohnarbeit. Die Umdeutung von einst feministischen Werten mündet in der kapitalistischen Akkumulationsmaschine.

Auch in bürgerlichen Gewerkschaften spielen Frauen zunehmend eine größere Rolle. Traditionell sind nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert, die auch Erwerbsarbeit leisten. Frauen, die den Großteil der Haus und Sorgearbeit übernehmen oder in Teilzeit arbeiten sind daher strukturell benachteiligt. Arbeitsbiografien von Frauen sind noch immer weniger kontinuierlich als die Ihrer männlichen Kollegen. Zwar haben Gewerkschaften die Gleichberechtigung der Frauen schon früh als ein politisches Ziel formuliert, ihre patriarchale Blickweise aber dennoch nicht abgelegt. Geschlechterhierarchien sind folglich weiterhin ein wichtiges Strukturmerkmal von Gewerkschaften, auch wenn die Anzahl der Frauen, die Erwerbsarbeit leisten, stetig steigt.

Liest sich die steigende Frauenerwerbsquote auf den ersten Blick als Anzeichen einer gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen am Erwerbsleben, zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass es sich dabei im Kern um neue Verteilungsmuster von Arbeit innerhalb von Klassen handelt. Gerade der Niedriglohnsektor ist eine weibliche Domäne: Zwei Drittel aller dort Beschäftigten sind in Deutschland Frauen.

Und auch Leiharbeit beginnt sich in traditionell weiblich segregierten Beschäftigungsfeldern, wie dem Pflegebereich, auszubreiten. Der wachsende Frauenanteil an der Leiharbeit und der anhaltend hohe Frauenanteil an der geringfügigen Beschäftigung legen daher die Vermutung nahe, dass der Beschäftigungsaufbau der letzten Jahre vor allem Frauen in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt hat. In Wahrheit bedeutet das lediglich eine Absenkung des allgemeinen Entlohnungsniveaus, verminderte Arbeitsplatzsicherheit, sinkende Lebensstandard und einen steilen Anstieg der pro Haushalt geleisteten Lohnarbeitsstunden.

Innerhalb von Lebenspartnerschaften wird diese Verteilung dann im Ehegattensplitting zementiert, welches das geringere Einkommen stärker belastet. Doch auch im Fall von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften setzt sich mittlerweile sogar die CDU in Bewegung. Zuletzt forderte Kristina Schröder nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Anfang August 2012 eine Erweiterung des Ehegattensplittings auf schwule und lesbische Paare, die in eingetragenen Lebensgemeinschaften leben. Damit wird, in Hetero- wie in Homo-Ehen, der Ungleichverdienst in der Lebensgemeinschaft durch Steuererleichterungen belohnt. Das Verbleiben der geringer verdienenden Person in atypischen oder reproduktiven Arbeitsverhältnissen bleibt somit vorweggenommen. Nicht hat die CDU also ihre Homophobie überwunden, sondern den Vorteil dessen erkannt, dass die Fürsorgepflicht beim besser verdienenden Ehepartner liegt.

Die Konzepte von Gender (Geschlecht) und Diversity (Vielfalt) stellen also die Frage der Gewinnmaximierung allenthalben in den Vordergrund, nicht die Frage der Gerechtigkeit. Sie sind so für alle Teile der Gesellschaft zugänglicher oder sogar akzeptabel geworden. Die ehemals enthaltene Herrschaftskritik ist dabei nur störend.

Vera Drake

Direkte Aktion 213 – Sept/Okt 2012

Das Arbeitsleben ist mehr als der Job Equal pay across the board

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